Gudrun Ebert
Fotografie
Bild
Objekt

Fotosequenz, 11-teilig


Ausstellung in der Petrus Kirche, 2002
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Interview Verena Wagner-Pfisterer, 2003
Zu den Buntstiftzeichnungen, 2006
Von einem Sonntag im Kinderwagenkino Babylon Mitte, 2007


Rede von Hans Gert Winter
Ausstellungseröffnung ´Bilder und Objekte` in der Petrus Kirche Lichterfelde, Berlin, 2002


Liebe Kunstfreunde und Freundinnen,

ich darf Sie nochmals begrüßen, ebenso die Künstlerin Gudrun Ebert, die natürlich auch anwesend ist und hier vorn sitzt Ich möchte ein paar Worte sagen über das Werk von Frau Ebert und über ihren Werdegang. Wenn wir uns hier im Kirchenraum umsehen, dann fallen zunächst vielleicht die unterschiedlichen Materialien und die unterschiedlichen künstlerischen Formen und Techniken auf.

Wir sehen Fotografien, Zeichnungen, Malereien, Grafiken und Objekte. Eine große Vielfalt künstlerischer Darstellungsmittel, die auf den ersten Blick starke Kontraste untereinander bilden.

Auf den zweiten Blick, wenn man sich intensiver mit den Ausstellungsstücken beschäftigt, entdeckt man - und ich denke, dass ist ein spannender Prozeß für den Betrachter - Verbindungen und Gemeinsamkeiten zwischen den Objekten. Auffällig ist ja, dass nicht das Einzelbild oder das ausgeformte Zeichen im Vordergrund steht, sondern Gruppen von Objekten, die in der Form der Serie oder Sequenz gegliedert sind. In der Serie oder der Sequenz bezieht sich das einzelne Bild oder Zeichen immer aufseinen Nachbarn und ist nur Teil eines größeren Ganzen.
Das Bild verliert dabei vielleicht Teile seiner Aura, gewinnt aber ein lebendiges Beziehungsgeflecht, wir als Betrachter haben die Chance, je nach dem, wie wir unsre Blicke lenken, eine Vielfalt von Relationen zwischen den verschiedenen Teilen zu knüpfen.

So kann ich z.B. hier bei dieser Fotosequenz entdecken - wenn ich die normale Leserichtung von links nach rechts wähle - wie eine abstrakte, beinahe transparente Form sich in eine konkrete Abbildung verwandelt, registriere aber auch, dass eigentlich das Foto mit der Abbildung der Ausgangspunkt des Prozesses ist, der Entstehungsprozess also eigentlich umgekehrt verläuft.
Ich lese also sowohl von links nach rechts, wie auch von rechts nach links.
Ohne Ihrer Entdeckerfreude etwas vorwegzunehmen, sei doch soviel verraten, dass dieser Verwandlungsprozess im Fotolabor mit dem Vergrößerungsgerät realisiert wurde. Rechts daneben wird übrigens das gleiche Foto in der vertikalen Reihung in einen neuen Zusammenhang gestellt.

Der Bezug zum Experiment liegt nahe. Gudrun Ebert experimentiert mit Materialien, dies können Texte, Bücher, Fotos, Farben sein, die sie einem Prozeß der Veränderung unterwirft und dieser Vorgang selber wird sichtbar gemacht. Dies kann spielerisch sein, wie z.B. bei dem Leuchtkastenobjekt, wo oben die Abdrucke der Pauspapiere angeordnet sind, die am Leuchtkasten nach dem Abreiben wie Negative erscheinen, durch den Kontext mit dem Licht und der Farbigkeit erinnern sie nun an Kirchenfenster und erhalten einen sakralen Charakter, was wiederum durch den Kontext zum gesamten Kirchenraum unterstützt wird. Was die Realgegenstände darunter für einen Bezug zum Objekt haben, werden Sie bei Ihrem Rundgang mit Genuß selber nachvollziehen.
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Der Veränderungsprozess kann auch stärker konzeptionell angelegt sein, wie zum Beispiel bei den Übermalungen von Zeitschriften und Werbeseiten, wodurch die Glätte der Warenästhetik ganz zu Gunsten der Auseinandersetzung mit Material, Farbe und Oberflächenstrukturen ersetzt wird und nur Fragmente der ursprünglichen Typografie durchscheinen. Die Schrift verliert ihre Funktion als Bedeutungsträger der Werbebotschaft und wird formales Element der neuen Gestaltung.

Dies gilt auch für die Buchobjekte. Durch einfache Veränderungen werden Texte verborgen, oder auch betont, durch Übermalungen der Schrift entstehen Projektionsflächen für den Text des Betrachters. Welcher Text verbirgt sich in einem Buch, das ich gar nicht öffnen kann?
Welche besonderen Erwartungen habe ich an ein Buch, das auf dem Platz liegt, auf den ich mich setzen wollte?

Auch frühere Arbeiten, wie diese hier rechts, die im Zusammenhang mit Überlegungen zu einer weiblichen Ästhetik entstanden sind, zeigen die Experimentierfreude. Texte der antiken Lyrikerin Sappho werden mit Stoff als Zeichenträger wie ein Bild inszeniert, Papier - normales DIN A 4 Papier - jedoch mit einer realen Naht zusammengenäht, dies wirkt äußerst fragil, der Faden erscheint wie Schrift.

Es ergeben sich aber nicht nur Verbindungen zwischen den Serien und Sequenzen, sondern auch zwischen den Gruppen selbst, auch quer durch den Raum. Dort werden bei einfachen Rostobjekte durch die Fotografie die Oberflächenlandschaften sichtbar gemacht, dort in der Malerei entstehen durch Auswaschungen ähnliche Strukturen, hier können wir den Rost und den Materialcharakter der Objekte selber erfassen und Sie werden gleich erleben, wie diese Objekte auch noch zu Instrumenten werden.

Gudrun Ebert hat Grafik Design studiert, sich dann intensiv mit der Fotografie auseinandergesetzt, an einer Waldorfschule Unterricht in Malerei und Zeichnung und Fotografie gegeben und die Einflüsse der unterschiedlichen Bereiche und Medien in ihre eigene künstlerische Tätigkeit aufgegriffen. Eine große Neugier und Offenheit für die Möglichkeiten des künstlerischen Gestaltungsprozesses, verbunden mit dem Respekt gegenüber dem verwendeten Material, kennzeichnet für mich das Werk von Gudrun Ebert. Der Kunstbeirat der Petrus Kirche freut sich, ihnen die Künstlerin heute Abend vorstellen zu dürfen und Dir - liebe Gudrun - danken wir für diese schöne Ausstellung.

 

Hans Gert Winter Künstler und Kunstpädagoge http://www.worksonpaper.de

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